ElektroMagnetischerPuls


Johannes Lampel

 

16.04.2002
Inhalt

 

1. Einleitung   4

2. Physikalische Grundlagen des NEMP   5

3. Auswirkungen des EMP   8

3.1 Möglichkeiten gegen EMP   9

4. Nichtatomarer EMP – ‚konventionelle’ EMP - Bomben   10

5. Bisheriger Einsatz von EMP   13

6. Quellen   14


1. Einleitung

 

Nukleare Waffen haben verschiedenartige zerstörerische Auswirkungen auf ihr Ziel: Zum einen eine starke Druckwelle, starke Hitzeentwicklung, Belastung der anwesenden Lebewesen durch radioaktive Strahlung und auch nachfolgende Effekte wie hohe Wellen oder Fallout.

Ein weiterer Effekt ist der elektromagnetische Puls ( EMP ). Hierbei handelt es sich um eine sehr kurze aber äußerst starke elektromagnetische Welle. Durch die induzierten Ströme in elektrisch leitfähigem Material kann so elektrisches und elektronisches Equipment zerstört werden. Da die Wirkung von elektromagnetischen Wellen auf bspw. den Menschen nicht eindeutig geklärt ist und keine direkten Todesfälle bei starken elektromagnetischen Feldstärken auftreten, wird dieser Effekt in die Kategorie der ‚sauberen’ Waffen, die keine Menschen direkt töten, eingeordnet. Der NEMP, der durch Atombomben hervorgerufene EMP, ist von Natur aus natürlich nicht von den verheerenden Auswirkungen der Atombombe abzukoppeln.

Dadurch, dass durch den EMP die informationsverarbeitende Infrastruktur eines industriellen oder postindustriellen Staates zerstören kann, kann dieser Effekt so genannter „Information Warfare“ – Kampagnen als Grundlage dienen. Mithilfe dieser Waffen ist es möglich ohne das Leben von Zivilisten oder eigenen Soldaten zu gefährden das Informationssystem des Gegners auszuschalten oder zumindest zu schädigen. Da heute auch zivile Ziele auf diesen Systemen basieren, ist so eine effektive Schwächung des Gegners möglich.

 

 


2. Physikalische Grundlagen des NEMP

 

Schon im Sommer 1945 war die Existenz NEMP bekannt. Enrico Fermi versuchte zu dieser Zeit, die theoretisch mögliche elektromagnetische Feldstärke zu berechnen. Allerdings waren hier die eigentlichen Effekte des EMP noch nicht vollständig bekannt und man verstand den Vorgang der Erzeugung noch nicht ganz. Erst in den 60er Jahren, nach etlichen Atombombentests hatte man genügend Messdaten zur Verfügung um die Theorie des EMPs vollständig zu verstehen.

 

Bei der Explosion einer Atombombe entsteht durch die Spalt- und Zerfallsprozesse Gammastrahlung. Die Gammastrahlung wirkt auf die sie umgebenden Moleküle und Atome durch den Compton Effekt. Gammastrahlung hat eine hohe Energie, d.h. den Gammaphotonen kann eine verhältnismäßig hohe Masse zugeschrieben werden. Wenn nun ein solches Gammaphoton auf ein Elektron trifft, kann auf dieses durch einen mit dem elastischen Stoß zu vergleichenden Effekt Energie übertragen werden. Das Elektron kann so seine Richtung und seine Geschwindigkeit ändern und ist durch seine höhere Energie nun auch in der Lage die Atomhülle zu verlassen, das Gammaphoton ändert auch seine Geschwindigkeit und Richtung entsprechend, die Richtung der Gammaphotonen zeigt nun nicht mehr auf eine punktförmige Quelle zurück, was eine einfach Berechnung der Stärke der entstehenden Felder erschwert.

Die Comptonelektronen bewegen sich nun mit hoher Geschwindigkeit vom Zentrum der Explosion weg, während sich die nun ionisierten Atome nur langsam bewegen können. Durch diese Ladungstrennung wird kurzzeitig ein Feld aufgebaut. Dieses bricht schnell wieder in sich zusammen, da sich die positiv geladenen Ionen und die Elektronen im Feld wieder aufeinander zubewegen. Bei bodennahen Explosionen können die Elektronen auch über den Erdboden wieder zurückfließen. ( nach [Hersh], )

Die entstehenden Feldstärken liegen bei >10kV/m [CKopp] bzw. bei >4000 A/m [Hersh], die Ausbreitungscharakteristiken und weiter mit der Explosion verbundene Effekte variieren jedoch, je nachdem in welcher Höhe die Atom- bzw. Wasserstoffbombe gezündet wurde.

Als bodennah sind alle Detonationen unterhalb 2 km eingezuordnen, darauf folgen die mittelhohen bis 30 km und die hohen Detonationen über 30 km.

 

 

 

Bodennahe Detonation : ( Höhe < 2 km )

Die Auswirkungen einer bodennahen Detonation durch Hitze und Druckwelle sind sehr stark, der EMP Effekt ist stark, aber nur in einem eng begrenzten Gebiet wirksam. Zum einen können die Gammaphotonen sich nur in eine Richtung bewegen, zum anderen wirkt der Boden als Leiter und führt die Elektronen und die Ionen schnell wieder zusammen, das Feld bricht zusammen. Allerdings entsteht durch die sich zurückbewegenden Elektronen wieder ein Magnetfeld, das durch das Zentrum der Explosion läuft.

 

Mittelhohe Detonation : ( 2km < Höhe < 30 km )

Mittelhohe Detonationen sind fern vom Boden, aber immer noch unterhalb der oberen Atmosphäre. Die Felder werden mit zunehmender Höhe symmetrischer, die durch die Ströme im Boden verursachten Magnetfelder verschwinden jedoch. Durch unterschiedliche Luftdichten nimmt die Asymmetrie der Felder dann wieder mit größerer Höhe zu.

 

Hohe Detonation : ( Höhe > 30 km )

Wenn die Bombe im annähernd luftleeren Raum detoniert, legen die Gammaphotonen einen größeren Weg zurück, bis sie mit den Luftmolekülen in aureichender Anzahl in Wechselwirkung treten. Der Bereich in dem der Compton Effekt auftritt kann über 2000 km Durchmesser haben und ist annähernd kreisförmig. Durch die durch das Erdmagnetfeld auftretende Lorentzkraft werden sich die entstehenden Elektronen in Richtung Erdoberfläche bewegen und in bekannter Art und Weise das Feld aufbauen, dass nun eher einem homogenen Feld entspricht.

nach [USArmy]

 

Im Verhältnis zu den anderen Detonationstypen ist die Feldstärke bei gleicher Bombe zwar um einiges geringer, allerdings kann durch entsprechend große, meist Wasserstoffbomben, prinzipiell ein elektromagnetisches Feld mit einer Stärke von 50kV/m über der gesamten USA erzeugt werden. [Hersh]

 

Der primäre EMP hat eine Dauer von 1µs – 1ns, nachgelagerte Effekte treten mit unterschiedlichen Dauern nach 1 ns bis zu 15 Minuten ein. So können auch bei der Explosion entstehende Neutronen einen EMP erzeugen, indem sie in der Ionosphäre bestimmte Gebiete aufheizen und ionisieren. Dieser Effekt wird spätzeitiger magnetohydrodynamischer EMP genannt. [FAS]


3. Auswirkungen des EMP

 

Viele Auswirkungen lassen sich zumindest teilweise mit den zerstörerischen Wirkung eines natürlichen Blitzes vergleichen. Allerdings werden Menschen durch den EMP normalerweise nicht direkt in Mitleidenschaft gezogen und über die Langzeitfolgen lang andauernder schwacher elektromagnetischer Strahlung oder auch kurzzeitiger starker Strahlung ist nicht viel bekannt, bzw. nicht viel veröffentlich und von mehreren Institutionen geprüft.

Das starke Feld existiert zwar nur sehr kurz, die Auswirkungen können aber gravierend sein. Gerade weil das Feld schnell wieder in sich zusammenfällt können hohe Spannungen in elektrisch leitfähigen Materialien entstehen ( U ~ Φ’ ) . Da sich die Felder mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten ist auch keine Warnung möglicherweise auch betroffener Gebiete möglich.

Besonders anfällig für EMP sind lange Leiter wie bspw. Antennen, das Stromversorgungsnetz, Eisenbahnschienen, Pipelines, Metallzäune usw. . Unterirdische Leiter sind nur teilweise durch das Erdreich abgeschirmt, durch die enorme Stärke des elektrischen Feldes wird auch in ihnen ein elektrischer Strom induziert. Die entstehenden Spannungen und Stromstärken zerstören dann die angeschlossenen Geräte wie Transformatoren, Telefonleitungen, elektrische Geräte im Allgemeinen, sofern sie nicht entsprechend abgeschirmt sind. Weiterhin können stehende Wellen auf Leitern oder in Lüftungsschächten beträchtliche Schäden verursachen. Diese können von der Zerstörung von Kabeln bis zu Zerstörung der angeschlossenen Geräte reichen.

Bei normalen Blitzeinschlägen wurden bspw. Auswirkungen stehender Wellen in Lüftungsschächten beobachtet, die die dort verlaufenden Kabel in regelmäßigen Abständen zerstört hatten.

Insbesondere die moderne Computertechnik ist sehr anfällig für diese Art Angriff, da die integrierten Schaltkreise oft schon bei einer Spannung von 5-15V zerstört werden können. Da militärische Objekte diese Technik massiv einsetzen, sind Gegenmaßnahmen nötig und dementsprechend auch entwickelt worden.


3.1 Möglichkeiten gegen EMP

 

 

Um im Falle eines Angriffs durch EMP nicht die gesamte Informationsinfrastruktur zu verlieren, gibt es verschiedene Methoden der Abschirmung und auch Grundsätze beim Bau von Objekten die EMP resistent sein sollen.

Soll z.B. ein Flugzeug EMP resistent gemacht werden, so sollte es keine Antennen auf der Außenseite haben. Hier stellt sich nun das Problem, dass wenn das gesamte Flugzeug wie ein Faraday’scher Käfig ist, wie dann die Kommunikation mit dem Boden weiterhin gewährleistet werden kann. Hierzu können bspw. Glasfaser zu den entsprechenden Sendern/Antennen führen, die dann selbst wieder von einer autonomen Stromversorgung versorgt werden.

Häuser oder einzelne Räume können durch lückenlose Ummantelung mit Metallfolie, die nur einige µm dick sein muss, aber vor Verletzungen sicher sein muss, geschützt werden. Problemstellen sind hier der Zugang, der durch eine ‚Luftschleuse’ realisiert werden kann, die Lüftung, die sorgfältig mit feinen Drahtgittern geschützt werden muss, und die Stromversorgung. Das Risiko über die Stromversorgung geschädigt zu werden kann durch einen Überspannungsschutz, der eine Funkenentladungsstrecke und einen Tiefpass enthält, gemindert werden.

Allgemein gilt, je kleiner die Wellenlänge der elektromagnetischen Strahlung ist, desto kleiner dürfen auch nur die Löcher in der Abschirmung wie bspw. die Lochgröße der Gitter  vor dem Lüftungsschacht sein.

 

Auch die Atomsprengköpfe und die sie tragenden Raketen müssen gegen EMP geschützt sein, damit keine Abwehr der Raketen durch den Gegner mit EMP möglich ist, und auch damit wenn mehrere Atomangriffe gleichzeitig geplant sind, eine Bombe nicht alle anderen Explosionen verhindert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 4. Nichtatomarer EMP – ‚konventionelle’ EMP - Bomben

 

Ein großer Nachteil des NEMPs ist die Tatsache, dass eine Atombombe benötigt wird, die zum einen radioaktive Stoffe freisetzt, einen großen Wirkungsradius hat und auch sehr teuer ist. Außerdem kann eine Atombombenexplosion meist nicht verheimlicht werden, Geheimmissionen oder kriegsvorbereitende Maßnahmen mit NEMP wären also nicht möglich.

Es gibt mehrere Möglichkeiten einen zumindest dem EMP ähnlichen Effekt zu erreichen : Durch explosionsgetriebene Feldkompressionsgeneratoren ( Flux Compressing Generator, FCG ), explosionsgetriebene magnetohydrodynamische Generatoren ( MHDG ) und durch Hochleistungsmikrowellensender ( High Power Microwave Sources, HPM ) .

 

Die FCGs sind die älteste Technologie auf diesem Gebiet, sie wurde schon Ende der 50er in den USA entwickelt und getestet.

Ein FCG liefert in 10-100µs bis zu 10 MJ elektrische Energie. Der FCG kann aber als Energiequelle für Hochleistungsmikrowellensender oder für ein größeren FCG genutzt werden.

Die Idee hinter den FCGs ist, dass man mit Hilfe eines schnellen Sprengstoffs ein Magnetfeld komprimiert und dadurch möglichst viel Energie der Explosion auf das Magnetfeld überträgt. Das Magnetfeld vor der Explosion wird im Allgemeinen durch Geräte erzeugt, die Ströme in der Größenordnung von 10kA – 1MA liefern können. Dies sind entweder Kondensatorbänke, FCGs oder MHDs.

nach [CKopp]

 

Der Sprengstoff sitzt in dieser Art FCG in einem Kupferrohr. Um dieses Kupferrohr, aber von ihm isoliert, ist der Stator des FCGs, der das Magnetfeld erzeugt. Da dieses Magnetfeld sehr stark ist, somit sehr starke Kräfte auftreten, muss der Stator von außen mit einem nichtmagnetischen Stoff zusammengehalten werden.

Wenn der Strom durch den Stator sein Maximum erreicht, wird die Sprengladung gezündet und das Kupferrohr nach außen gedrückt. Dieses schließt so die einzelnen Windungen des Stators nacheinander von einer Seite zur anderen kurz und bewirkt so eine Kompression des Magnetfelds. Das Resultat ist ein stark ansteigender Strom im Stator, bis das FCG zerstört ist. Die Zeit, in der der Strom ansteigt beträgt ca. 10-100 µs.

 

MHD Generatoren sind bei gleicher Größe wie FCGs nicht so effektiv und dienen daher meist nur als Energielieferanten für FCGs. Das Prinzip eines MHDs ist, dass sich ein Leiter quer zu einem Magnetfeld bewegt und somit eine Spannung induziert. In diesem Zusammenhang ist der Leiter meistens in Plasma, das durch eine Explosion erzeugt oder beschleunigt wurde.

 

HPM haben gegenüber den FCGs den Vorteil einer höheren Frequenz. Während die FCGs Frequenzen unter 1MHz erzeugen können die HPMs elektromagnetische Wellen im Dezi- und Zentimeterbereich erzeugen, was eine genauere Anpassung an die Art des Ziels ermöglicht.

HPM Generatoren beschleunigen Elektronen von einer Kathode aus in Richtung einer Anode. Oft durchfliegen die Elektronen die Anode und laden so den Bereich hinter der Anode auf. Unter geeigneten Bedingungen fängt dieser Bereich an zu oszillieren. Die Leistung dieser Geräte liegt zwischen 100kW – 40GW.

Durch die höheren Frequenzen ist nun auch eine effektivere Bündelung der Strahlung möglich. Die dazu benötigten Antennen verschmelzen zwar aufgrund der hohen Feldstärken innerhalb weniger µs, aber für die restliche Betriebsdauer kann auch das dann entstehende Plasma die Aufgabe als Antenne übernehmen.

 

 

 

 


5. Bisheriger Einsatz von EMP

 

Die ersten größeren Schäden die durch EMP hervorgerufen wurden, konnte man 1962 auf Hawaii beobachten. Eine in der oberen Atmosphäre über dem Südpazifik gezündete Atombombe war in der Lage, auf der 1500km entfernten Insel erhebliche Schäden im Telefon- und Stromversorgungsnetz zu bewirken.

Wann und wo zu militärischen Zwecken EMP eingesetzt wurde, ist nicht eindeutig zu sagen. Vieles deutet darauf hin, dass die USA diese Technologie zusammen mit sog. Skalarwaffen im Golfkrieg eingesetzt haben, um die Irakische Luftabwehr und Stromversorgung zumindest zeitweise außer Betrieb zu setzen.

Auch für den Einsatz von EMP im Kosovo Krieg findet man Hinweise: Ausfälle von Kraftwerken, auftretende Überspannungen und merkwürdige Wetterphänomene. Dies alles bewegt sich aber im Bereich der Spekulationen. In beiden Fällen muss es sich wenn überhaupt um konventionelle EMP Waffen gehandelt haben.

Der aktuelle Afghanistankonflikt wirft 2 Probleme auf: Mangels technischer Ausrüstung in Afghanistan hätte ein EMP Angriff der USA wenig Auswirkungen gehabt, da dort die Informationsweiterleitung meist noch nicht durch elektronische Medien übernommen wird, und wenn, man dann schnell wieder bei einem Ausfall auf die vorhandenen traditionellen Kommunikationsmittel zurückgreifen könnte.

 

Zusammen mit der Tatsache, dass die westlichen Staaten sehr anfällig gegenüber EMP sind, könnte EMP auch als Waffe für Terroristen geeignet sein. Ein FCG bspw. kostet ca. 1000-2000€, ist also billig und aufgrund der Größe gut für terroristische Anschläge geeignet. Allerdings wären so nur lokal eng begrenzte Anschläge möglich, da diese Generatoren oft nur eine Reichweite von einigen 100m haben. Militärische Einrichtungen würden wohl aufgrund ihrer EMP resistenten Hardware kaum in Mitleidenschaft gezogen, wohl aber die Stromversorgung und elektronische Geräte der Zivilbevölkerung.

 


6. Quellen

 

[CKopp]                     http://www.infowar.com/mil_c4i/mil_c4i8.html-ssi

[Hersh]                        http://www.geocities.com/CapeCanaveral/5971/emp.html

[FAS]                          Federation of American Scientists                                                                                           http://www.fas.org/nuke/intro/nuke/emp.htm

[UniM]            http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-94/9421203m.htm

[Esk]                            http://www.eskimo.com/~bilb/freenrg/empweap.html

[WLab]                       http://www.williamson-labs.com/480_emp.htm

[USArmy]                   http://jya.com/emp.htm

[Nist]                           http://is2.antd.nist.gov/fwuf/may01slides/morey.pdf

[GLS]                          http://www.globalsecurity.org/org/news/2001/011001-attack03.htm

[ESol]                          http://web.qx.net/warcat/MilSF/Electronics.htm